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Margaretenkirche, ein Stück Heimat für eine Ungläubige


Titelvorschläge: Zeitreise
Beim Bau lief nicht alles rund
Die Margaretenkirche in Voxtrup ist 50 Jahre alt geworden

Von Joachim Dierks

Wie die Zeiten sich doch ändern: Der erste Margareten-Pastor Hüttmann hatte im Vorstand der Lutherkirche immer wieder gefordert, dass es ein Ende haben müsse mit den Großgemeinden. Vielmehr gehöre den kleineren Wohnviertel-Gemeinden die Zukunft. Heute geht es genau anders herum: Die Lutherkirche hat 2009 ihre Filialkirchen Margareten, Lukas und Melanchthon wieder „eingesammelt“ und sich mit ihnen in der evangelisch-lutherischen Südstadtkirchengemeinde zusammengeschlossen.

Vor 50 Jahren, am 23. Oktober 1963, weihte Landessuperintendent Kurt Degener die Margaretenkirche an der Wasserwerkstraße im Stadtteil Voxtrup. Pastor Hüttmann hatte ihm zuvor noch einmal ins Manuskript geschrieben, dass es „eine Aufgabe der Zeit“ sei, „die Mammutgemeinden aufzuteilen und kleinere Gemeinden zu schaffen.“ Im Rückblick eines Gemeindemitglieds, das damals als junges Mädchen den Gemeindeaufbau miterlebte, war das ein richtiges Ziel, das den Zweck erfüllte, ihrer Generation Heimat, Geborgenheit und gleichzeitig Orientierungshilfe zu bieten. Hanna Scotti, geborene Seelmeyer, sprach als Vertreterin der Gemeindejugend bei der Grundsteinlegung einige Gedanken zum Kirchenbau, die sie als Gemeinschaftsarbeit in der Gruppe zuvor sorgfältig ausformuliert hatte. „Wir haben viel diskutiert, wir bekamen gute Anregungen, wir waren sehr aktiv“, erinnert sich die heute 67-Jährige, die in Margareten konfirmiert und getraut wurde und die auch ihre Kinder hier taufen ließ, bevor sie 1981 wegzog. Gern denkt sie an das Theaterstück zurück, das die Gruppe auf einem Gemeindefest bei Rahenkamp aufführte, an den charismatischen Pastor Hüttmann, an eine sehr engagierte Jugendleiterin, die sie auf Gemeindeausflügen unter anderem nach Holland begleitete. Auch wenn sie sich heute von der Kirche abgewandt habe, so sei sie dankbar für die Impulse, die sie damals empfing: „Das war der Grundstein für meine lebenslange Beschäftigung mit Glaubensfragen.“

Die moderne Kirchenarchitektur gefiel den Jugendlichen damals. „Das stand für den Aufbruch in neue Zeiten. Der karge Innenraum half, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren“, so Scotti. Ältere Gemeindemitglieder und sogar das Landeskirchenamt in Hannover sahen das durchaus anders, wie die heutige Pastorin Renate Jacob in ihrem Aufsatz zur Gemeindegeschichte schreibt. Die Landeskirche sprach von einer „problematischen Architektur“, die sie Pastor Hüttmanns persönlicher Einflussnahme auf den Entwurf anlastete. Immer wieder hatte es Fingerhakeleien zwischen Hannover und dem Margareten-Kirchenvorstand gegeben.

Das ging schon 1957 los, als die damals frisch gegründete Margaretengemeinde etwas vorschnell ihr Dasein in der Barackenkirche (1950 bis 1960) beenden wollte, ein Grundstück am Wellmannsweg kaufte und Architekt Hans Ide mit dem Entwurf beauftragte. Das Kirchenamt in Hannover bezog der Kirchenvorstand erst ein, als er Zuschüsse von ihm haben wollte. Doch da spielte das Amt nicht mit. Es sperrte alle Gelder und schlug vor, den Pastor persönlich in Regress zu nehmen. Das tat der Kirchenvorstand nicht, er ließ stattdessen den Architekten zappeln, er musste ein Jahr lang auf das versprochene Honorar warten. Auch der Name Margaretenkirche missfiel den Kirchenoberen. „Margarete“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Perle“. Ob die Margaretengemeinde sich als eine besonders Herausgehobene unter den vielen Hundert anderen Gemeinden betrachte?

1959 war Ides Entwurf Makulatur, denn inzwischen stand fest, dass der Autobahnzubringer (heute A 33) direkt hinter dem ins Auge gefassten Kirchenbauplatz verlaufen würde. Man sah sich nach einem besser geeigneten Standort um und stieß auf die Fläche neben dem Kindergarten in der Wasserwerkstraße. Bedenkenträger traten auf, die die Nähe zum Sportplatz kritisch sahen. Trotzdem: Am 2. Mai 1960 fielen die Würfel für den heutigen Standort. Verhandlungen mit Bauer Westermann, dem Grundeigentümer, wurden aufgenommen. Die Kirchenvorsteherin Alma Kramer erzählte später, sie habe den Verkauf mit der Bäuerin in der Küche ausgehandelt.

Beim anschließenden Architektenwettbewerb wurde der verärgerte Hans Ide ausgebootet. Der wesentlich modernere Entwurf von Architekt Däke bekam den Zuschlag. Er stieß auf sehr unterschiedliche Reaktionen in der Gemeinde. Hannover erwartete, dass die schön strukturiert gestaltete Südfassade mit der heranwachsenden Bebauung harmonieren und das ganze Viertel städtebaulich aufwerten würde. Doch diese Erwartung ging nicht auf, die Südflanke des Kirchengrundstücks wurde zugebaut. Die „Schokoladenseite“ der Kirche bekommen nur einige Anlieger von ihren Gärten aus zu sehen.