kunstvollaltern und lebenskunstvollsterben

unterstützt Höhen und Tiefen kunstvollen Alterns mit Fantasie, Fotografie, Poesie, Clownerie

Peter hieß er...

Wir lernten uns im Spätsommer im Freibad kennen, nachmittags um halb vier. Ich war dreizehn. Um die Mittagszeit war ich endgültig zum Teenager geworden. Nach ermüdenden Kämpfen mit meiner uneinsichtigen Mutter hatte sie dann doch endlich nachgegeben. Meine Zöpfe durften ab. Und mittags war es dann endlich so weit. Weiche Locken umspielten jetzt mein Gesicht. Ich wusste es genau, jetzt war ich eine Frau. Meine Hüften wiegten sich ein ganz winziges bisschen und im Bauch summte ein Bienenschwarm. Die Badeanstalt war ganz plötzlich voller attraktiver Männer um die fünfzehn.
Und dann sahen wir uns. Zehn Minuten später saßen wir gemeinsam in der Sonne auf der Liegewiese.
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals in unseren gemeinsamen Wochen miteinander gesprochen hätten. Wir wussten unsere Namen und das war genug. Wir trafen uns zwei Mal in der Woche, lehnten unsere Fahrräder und unsere Körper aneinander, fassten uns an den Händen und standen vorsichtig staunend da. Ganz dicht und wortlos schmiegten wir uns in seine schützende Regenjacke. Ich lehnte meine Stirn an sein Kinn und in unser endlos schönes Schweigen hinein sangen unsere Körper ein stilles gemeinsames Lied. Es gab keine Zeit, wir versanken einfach, unsere Atemzüge schlangen sich ineinander. Wir küssten uns nicht. Es gab kein Suchen und kein Finden. Wir waren einfach zwei junge Menschen, die das Wunder erlebten, sich eins zu fühlen ohne etwas zu tun oder zu lassen.

Irgendwann kam er einfach nicht mehr. Ich kannte niemanden, der ihn kannte. Ich wusste nichts über ihn. Ein paar Mal fuhr ich noch hin, doch unser Platz blieb leer. Da begann ich mich zu schämen, vermutlich hatte ich etwas falsch gemacht.
Heute vertrödele ich genussvoll die Zeit in meinem Philosophiersessel und die Sonne scheint hell ins Zimmer. Ich bitte meinen alten Körper zu singen, für Peter und Jochen, für Fritz und Ernst Peter und ich schäme mich nicht mehr.