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Interview mit der Zeitung "Weser Report"

Mittendrin im Stadtteil: Hanna Scotti aus Horn-Lehe schreibt Gedichte über das Altern und die Vergänglichkeit- 07.02.2013


In der Beobachterrolle

Von Jutta Barth

Sie liebt die kleinen Dinge des Lebens, beobachtet die Menschen aus ihrer ganz eigenen Perspektive und hält Gedanken an das Altern und die eigene Vergänglichkeit in Gedichten fest. Bei aller Ernsthaftigkeit ihrer Themen gelingt der Lyrikerin Hanna Scotti mit ihrem ersten Gedichtband "www.schicksal.komm" der Balanceakt zwischen Komik und Kritik.

Hanna Scotti führt die Reporterin in ihr Wohnzimmer, ein lichtdurchfluteter Raum mit großen bequemen Wellness-Sesseln. Ein paar Bilder an den Wänden, seltsame Masken auf einem Ständer und ein kleines Tischchen. Kein Schnickschnack, der vom Gedankenaustausch ablenkt. "Warum gerade ich unter der Rubrik ’Mittendrin’?", diese Frage stellt sie zuerst.

Sie hätte darüber nachgedacht und wäre zu dem Schluss gekommen, dass sie sich nie mittendrin, sondern eher in einer Randposition befunden hätte, die sie "unter der Fußmatte" nannte, verrät sie. "Meine Rolle als Dichterin setzt voraus, dass ich mich mit dem Leben anderer beschäftige", erklärt Scotti ihren Standpunkt, so als säße sie im Café und beobachte das Leben.

Ihre Lebensweisheit sei es, sich so klein wie möglich zu machen, um andere beobachten zu können, sagt sie. Klein im Sinne von demütig oder nicht wissend. Und so verkörpert sie die Rolle der alten Närrin Bella, einer "dummen" Clownin, in der sie sich alten, demenzkranken Menschen nähert, um mit ihnen auf einer gemeinsamen emotionalen Ebene zu kommunizieren.

Und je älter sie werde, desto wichtiger sei ihr die Position "unter der Fußmatte", schlussfolgert sie. Scotti nimmt ihren Gedichtband und liest: "Bella, die Clownin. Verlaufen in den Falten des staubigen Theatervorhangs. Unter meiner Fußmatte habe ich mich wiedergefunden." Es sei ihre eigene Autobiographie, die sich darin spiegelt, erklärt sie. Die Theatervorhänge seien als Lebensabschnitte zu verstehen, durch die sie im Laufe ihres Alters demütig geworden sei. Sie sei sich bewusst, am Ende nichts mitnehmen zu können. Also ließe sie Arroganz, Besserwisserei und die Einstellung "Ich bin die Größte" zurück. Und reduziert auf ein Dasein "unter der Fußmatte" genieße sie ihre Position, um als Närrin anderen Menschen zu begegnen.

Und als genaue Beobachterin des Zeitgeschehens hält sie nach eigener Aussage in der Tradition weiser Narren in ihren Gedichten der Gesellschaft augenzwinkernd einen Spiegel vor.

Hanna Scotti wurde 1946 in Osnabrück geboren und war zunächst Lehrerin, hat sich aber bereits früh mit Theatertherapie beschäftigt. So machte sie eine Ausbildung zur Psychotherapeutin und arbeitete fast dreißig Jahre lang im Bereich Schauspiel, Regie und Improvisationstheater mit Kindern und Erwachsenen. Zehn Jahre lang begleitete sie als ausgebildete Geriatrie-Clownin Kranke und Sterbende.

Wie ist sie dazu gekommen, ihre Beobachtungen in lyrischen Texten festzuhalten? "Als ich anlässlich eines kirchlichen Festes als Clownin das Kirchenschiff betrat, überfiel mich eine tiefe Demut", erzählt sie. Die dortige Begegnung mit einem Mann in Begleitung seiner Pflegerin hat sie in ihrer Rolle als Närrin besonders emotional empfunden. Seit dem Erlebnis schreibt sie ihre Begegnungen in Gedichten auf.

"Ohne meine Freundin hätte ich all dies aber nicht machen können", wirft Scotti ein. Ihre Freundin Wiebke, mit der sie zusammen wohnt und arbeitet, hat sich der fotografischen Darstellung verschrieben. Und so sind zwei höchst subjektive "Streitschriften" mit dem Titel "Zwei alte Tanten tanzen Tango" erschienen. Mit lyrischen Versen von Scotti und auf skurrile Art veränderten Porträts der beiden Freundinnen, fotografiert und bearbeitet von Wiebke. Beide haben viele Jahre im Theaterensemble des Blaumeier Ateliers mitgespielt. Die Masken auf dem Ständer vor dem Fenster haben sie einst selbst angefertigt. Sie erinnern an diese Zeit. Doch aus dem Rampenlicht hat sich Hanna Scotti inzwischen zurückgezogen. Sie beobachtet lieber die Menschen und schreibt ihre Erfahrungen in lyrischen Versen nieder.

Der Gedichtband "www.schicksal.komm" ist im Verlag Steinmeier, ISBN 978-3-943599 07-7, erschienen und kostet 12,80 Euro. Mehr über Hanna Scotti unter www.kunstvollaltern.de.