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Zorn

Zorn

Da bist Du, Zorn, ein herzliches Willkommen, Zorn. Du brodelst im Gedärm, lässt meine Finger zittern. Noch gleiten sie fahrig über die Tasten, aber das wird sich gleich ändern. Ich weiß das.

Du, Mensch, der du mich gnadenlos manipulieren willst, damit ich dich nur genug liebe, wie irrsinnig ist das denn? Du schüttest mich zu mit deinen Gedankenblasen, erwartest, dass ich dir grenzenlos zuhöre und wenn nichts mehr geht, blüht ein eisiges Grinsen in deinem Gesicht. Du hast mich geschafft, immer schon hast du gewusst, das ich nichts tauge.

Oder du, die du grenzenlos jammerst über deine Ehe und deine missratenen Kinder und die aufreibende Pflege deiner alten Eltern. Die 24 - Stunden - Polin taugt einfach nichts. Alles, alles musst du selber machen.
Dein Mülleimer soll ich sein, Lebensänderungsvorschläge willst du von mir hören. Aber gleichzeitig willst du sie auch nicht. Ich soll zuhören und für dich kotzen, ändern willst du selbst in Wirklichkeit nichts.

Ja, auch du bist gemeint, immer ein fröhliches Lied auf den Lippen. Kleine scharfe Spitzen auf deiner Zunge verraten dich. Du traust dich nicht, laut zu poltern, mit Worten die Ärsche deiner, ach so liebenden Verwandten und Freunde zu prügeln, ihnen die Meinung zu geigen. Nein, bloß nicht, sie könnten dich ja einsam zurücklassen in der Wildnis, die Leben heißt.

Und du, du brauchst niemanden, besonders mich nicht, bist souverän,
jeder Situation gewachsen, immer freundlich und gleichgültig. Wehe mir, wenn ich dich liebe.

Aber auch du, das ewige Mädchen, Falten umspielen bereits deinen Bauch, bald drücken sie dir den Kehlkopf zu. Schon blau angelaufen winselst du immer noch um Bewunderung und Verehrung.

Unter anderem auch du, dem ich es nicht wert bin, dass deine Aufmerksamkeit auf meiner Bitte um Beachtung ruht. Zu beschäftigt bist du mit Business. Deine Zuwendung fordert Time and Money. Im Übrigen verschwinde ich im Heer deiner Gefolgschaft der namenlosen Ratsuchenden.

Oder du, der mich schlägt, weil dir die Argumente fehlen.
Oder du, die mit Lügen und Verleumdungen nach mir tritt, weil Neid, Eifersucht und Missgunst dich zerfressen.

Habe ich dich noch nicht erwähnt ? Oder dich?
Vermutlich findest du dich bereits in der einen oder anderen Beschreibung wieder.
Nein, auch das nicht? Wie viel Balken hast du denn in deiner Pupille?

Ich jedenfalls erkenne mich hier in diesen Gedanken sehr wohl wieder.

Nein, ich bin kein Engel und keine alte Frau, die alles besser weiß.

Und nein, ich weiß auch keine Lösung für deine Nöte.

Ich weiß nur eins: Probleme gibt es nicht, sondern nur Herausforderungen. Auf meine ganz persönliche Weise nehme ich sie an, betrachte sie, weiche ihnen nicht aus und erwarte auch nicht, dass du sie für mich löst.
Bestenfalls hört mir ein Freund, eine Freundin aufmerksam zu und – schweigt
oder spiegelt mich, damit ich mich erkennen kann.


Ich habe verstanden, dass es Blödsinn ist auf eure Liebe und Akzeptanz, geschweige denn Achtung zu warten und zu hoffen.

Ich lebe einfach selber mal.
Und ich liebe, wen und was ich will, sogar manchmal, für einen Moment auch dich.
In meinem Herzen ist viel Platz für euer Kommen und Gehen.

Und nun, Zorn, wo bist du jetzt?
Ich habe dich wohl weg geatmet und zerschrieben.
Welch eine friedvolle Art, mit dir zu leben und umzugehen.

Nun sind meine Hände ruhig und schreiben konzentriert :

meine innere Freiheit ist mein höchstes Gut und niemand, auch du nicht, wirst sie mit Füßen treten, weder mit weißen Plüschsocken, noch Filzlatschen, Lackstiefeletten, Holzpantinen oder Militärstiefeln.
So sei es und Urgroßmutter Friederike wacht darüber.